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© Dirk Burchard im November 1997 www.ryker.de/dirk/archiv/umweltgesetzbuch.html

Umweltgesetzbuch (UGB-KomE)

Arbeitsprobe aus dem Jahr 1997 zum damaligen Entwurf der angeblich Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Gegen ein einheitlich kodifiziertes Umweltgesetzbuch kann schwerlich Position bezogen werden, ist doch das geltende Umweltrecht stark in Einzelgesetze zerfasert und teilweise höchst umständlich geregelt. Der Entwurf der Unabhängigen Sachverständigenkommission zum Umweltgesetzbuch beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit bringt hier einen erheblichen Gewinn an Übersichtlichkeit und verdient allein aus diesem Grund Unterstützung. Gleichwohl gelangt der Entwurf zum UGB kaum über eine Zusammenfassung und Harmonisierung der bestehenden Gesetze hinaus. Eine sorgfältige Differenzierung in die widerstreitenden Interessen - regelmäßig wirtschaftliche Interessen am Betrieb einer Anlage oder eines sonstigen Vorhabens und anthropozentrisch geprägte Abwehransprüche einzelner - leistet der Entwurf nicht. Strukturell hätte ein solcher Entwurf aus einer Zweiteilung bestanden, aus einer Art Grundrechtskatalog auf Gewährung bestimmter sowie neuen Erkenntnissen anzupassenden Umweltstandards und aus einem zweiten Teil, der diese Standards als Grundpflichten für Vorhabenträger festsetzt und im Anlagenzulassungs- und Überwachungsrecht Verfahren bereitstellt zu deren Umsetzung, Sicherstellung und Weiterentwicklung.

Einen solchen Weg beschreiten regelmäßig Richtlinien aus dem Europarecht, indem sie behördliches Einschreiten beim Überschreitung von Grenzwerten fordern und meist die Möglichkeit eröffnen, in den Mitgliedstaaten strengere Grenzwerte festzusetzen. Hierbei wird auf die individuelle Geltendmachung von Ansprüchen auf Umweltstandards durch den einzelnen Bürger gesetzt, während das bundesdeutsche Umweltrecht strukturell Grundrechte aus Artikel 2 GG bezüglich des Umweltschutzes durch Beteiligungsrechte an den jeweiligen Zulassungsverfahren gewähren soll. Darin ist eine einseitige Interessenförderung einer begrenzten Gruppe von Anlagenbetreibern zu erkennen, da Interessen einzelner auf eine nachhaltige Verbesserung der ihnen gewährten Umweltstandards in komplizierten Verfahren unproduktiv abgearbeitet werden und die nachträgliche Geltendmachung von Abwehransprüchen gegen Umweltbelastungen erheblich eingeschränkt wird. Als das Anlagenzulassungsrecht vor Erlaß des sogenannten Bundesimmissionsschutzgesetzes noch in der Gewerbeordnung geregelt war, wies der Name dieses Gesetzes diese Interessen aufrichtiger aus als heute die unter der Überschrift Umweltrecht geregelte Anlagenzulassung.

Ein die widerstreitenden Interessen gegeneinander abwägendes Umweltgesetzbuch hätte daher in einem ersten Teil individuelle Ansprüche des einzelnen auf Umweltstandards (Im Regelfall Immissionsgrenzwerte und zur Vorsorge Emissionswerte), auf Verfahren zur Anpassung dieser Umweltstandards an neue Erkenntnisse, auf Messungen vor Ort bei Gefahrverdacht, auf Sammlung und Bekanntmachung von Umweltdaten und auf nachhaltige Umsetzung derartiger Erkenntnisse in ständig zu verschärfenden Umweltstandards hervorgebracht. In einem zweiten Teil hätten diese Standards als Grundpflichten für Anlagenbetreiber einen fortwährenden Anpassungsdruck an diese Standards bewirkt und die Innovationsentwicklung im Bereich Umwelttechnologie angeregt. Hierzu hätte es auch der Bereitstellung von Regelungen für Schlichtungs- und Ausgleichsverfahren bedurft, mit denen bei einer von mehreren Anlagenbetreibern bewirkten Überschreitung von Umweltstandards, die Anpassungslast auf die jeweiligen Betreiber verteilt würde. Daß eine entsprechende Regelung in § 18 WHG keine praktische Bedeutung erlangt hat, zeigt deutlich, daß vom geltenden Umweltrecht praktisch weniger Umweltschutz verwirklicht wird als über den Druck der öffentlichen Meinung oder das Engagement von entsprechend für Umweltschutz sensibilisierten Mitarbeitern. Daß ein Umweltgesetzbuch derartigen politischen Gestaltungswillen entfalten soll, scheint derzeit offensichtlich nicht durchsetzbar. Und so gliedert sich das UGB-KomE in einen Allgemeinen Teil in acht Kapiteln und ab dem § 245 UGB in einen Besonderen Teil (neuntes bis siebzehntes Kapitel), in denen geltendes Recht mit seinen gewachsenen Strukturen im Wesentlichen beibehalten wird, ohne die an dieser Entwicklung beteiligten Interessen ernsthaft kritisch zu würdigen.

Da es zur kontinuierlichen Verbesserung von Umweltstandards maßgeblich auf die Frage ankommt, inwieweit mit der Genehmigung eines Vorhabens Grundpflichten für den Betreiber begründet werden, kommt der Rechts- und Regelsetzung herausragende Bedeutung zu. Diese regelt der Dritte Abschnitt in den §§ 11 bis 40 UGB, da auch zwingend notwendig bleiben wird, das UGB durch umfangreiche Rechtsverordnungen und Verwaltungsvorschriften zu ergänzen. Besonders ärgerlich ist am Entwurf des UGB, daß seine Verfasser nicht auf die im Anlagen- und Technikrecht entwickelte Rechtsfigur der sogenannten normkonkretisierenden Verwaltungsvorschriften verzichtet haben, sondern diese sogar noch gesetzlich zu fixieren beabsichtigen. Während eine Rechtsverordnung üblicherweise der gerichtlichen Kontrolle unterliegt, gelten Verwaltungsvorschriften regelmäßig nur verwaltungsintern und entfalten keine Außenwirkung. Dennoch erlaubt § 25 UGB die Festsetzung von Grenz- und Richtwerten für die Umweltqualität in Verwaltungsvorschriften, für welche nach § 26 UGB die Vermutungswirkung eintreten soll, daß sie den Stand der Technik oder den Stand der Wissenschaft und Technik zutreffend wiedergeben sollen. Eine derartige Festsetzung schließt aber einen effektiven Rechtsschutz gegen Verstöße gegen diese Grenz- und Richtwerte aus und bietet keinesfalls die Rechtssicherheit, die dem einzelnen die Festsetzung in einer Rechtsverordnung eröffnen würde. Wegen dieser Rechtssetzungspraxis wurde die Bundesrepublik Deutschland in zwei Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofes nach Klage der Kommission in der Weise verurteilt, daß eine Umsetzung von Grenzwerten aus Richtlinien der EU allein in der TA Luft nicht den Anforderungen an die Umsetzungen dieser Umweltstandards genügen. In beiden Urteilen heißt es dazu: Es läßt sich also nicht sagen, daß der einzelne Gewißheit über den Umfang seiner Rechte haben kann, um sie gegebenenfalls vor nationalen Gerichten geltend machen zu können, noch auch daß diejenigen, deren Tätigkeit geeignet sind, Immissionen zu verursachen, über den Umfang ihrer Verpflichtungen hinreichend unterrichtet sind. - Slg 1991, 2567 [2602 Tz 20] = NVwZ 1991, 866 [867] und Slg 1991, 2607 [2632 Tz 23] = NVwZ 1991, 868 [868]. Mit der Vermutungswirkung in § 26 und einer über die Möglichkeiten des allgemeinen Verwaltungsrecht hinaus ausgestalteten Nutzung von Verwaltungsvorschriften, bleibt damit ein Einfallstor geöffnet, dem Bürger Rechtsschutz gegen Umweltbelastungen zu versperren oder zumindest sehr unübersichtlich zu gestalten. Auch die Klarstellung des Drittschutzes für Grenzwerte in Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften in § 44 UGB kann daher nicht die gebotene Übersichtlichkeit bewirken. Darüberhinaus unterliegen Verwaltungsvorschriften nach §§ 25 bis 30 UGB auch nicht der parlamentarische Zustimmungsbedürftigkeit durch den Bundestag, welche §§ 11 Abs. 1 und 22 UGB im Gegensatz zu den geltenden Regelungen in § 48 BImSchG sowie §§ 12 und 54 AtG einführen.

Noch ausgeprägter beinhalten die §§ 31 bis 33 UGB das Risiko, dem Bürger Rechtsschutz abzusperren. Dort wird eine § 26 UGB entsprechende Vermutungswirkung sogar für technische Regelwerke (zB DIN-Normen) eröffnet, welche von privaten Unternehmen festgesetzt werden und nicht einmal entsprechend den Verwaltungsvorschriften nach § 28 UGB der Zustimmung des Bundesrates bedürfen. Da in § 31 UGB für die Verweisung auf technische Regelwerke auch der kostenlose Zugang zu ihnen nicht ausdrücklich gewährleistet wird, wird hier ein weiteres Hindernis bei der Geltendmachung von Abwehransprüchen gegen Umweltbelastungen gesetzlich fixiert. Darüber hinaus wird dem sich gegen Umweltbelastungen zur Wehr setzenden Bürger Rechtsschutz erschwert durch den Normersetzenden Vertrag in § 36 UGB, mit der Regelungsinhalte von Rechtsverordnungen auch mit Wirtschaftsverbänden, sonstigen Verbänden oder einzelnen Unternehmen vereinbart werden können. Weiterhin birgt erhebliche Risiken die Ermächtigung zum Erlaß von Eilverordnungen in § 23 UGB bei Gefahr im Verzuge oder zur gebotenen unverzüglichen Umsetzung von bindenen Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaften. Diese wäre jedenfalls auf erhebliche und nicht anders abwendbare gegenwärtige Gefahren zu beschränken und bezüglich der europäischen Rechtsakte zunächst auszusetzen, da die EU eine wirksame parlamentarische Kontrolle ihrer Entscheidungsorgane derzeit noch nicht entwickelt hat.

Insgesamt prägt den Entwurf eine Bündelung von Entscheidungs- und Weisungskompetenz beim Bundesumweltminister. So wird das Umweltbundesamt in § 54 Absatz 1 UGB als eine selbständige Behörde im Geschäftsbereich des für den Umweltschutz zuständigen Bundesministeriums definiert und ebenso das Bundesamt für Naturschutz und das Bundesamt für Strahlenschutz in den §§ 55 und 56 UGB. Hier wäre es wünschenswert gewesen, das Konzept der unabhängigen Behörden, die allein dem Parlament verpflichtet sind (Datenschutzbeauftragte, Rechnungshöfe etc) auch im Umweltrecht umzusetzen. Ebenso ist die Ausgewogenheit der Umweltkommission nicht gesichert, welche nach § 17 UGB die Bundesregierung oder das zuständige Bundesministerium bei der Festsetzung von Grenz- und Richtwerten für die Umweltqualität, für Anforderungen an Anlagen udgl beraten soll. Zwar bestimmt § 17 Absatz 2 UGB eine ungefähre Zusammensetzung dieser Sachverständigen, deren Auswahl jedoch allein dem Bundesminister für Umwelt nach Absatz 3 zusteht. Auch hier wäre eine parlamentarische Kontrolle der Auswahl dieser Sachverständigen dem Gewicht ihrer Beratungsfunktion angemessen. Ein Rat von Sachverständigen für Umweltfragen, der nach § 63 UGB aus sieben besonders erfahrenen und sachkundigen Mitgliedern besteht und in zweijährigen Abständen den Zustand und die Entwicklung der Umwelt begutachten soll, bedarf bei seiner Bestellung zumindest noch der Zustimmung der Bundesregierung nach Absatz 4, sollte aber zur Gewährleistung seiner Unabhängigkeit und Absicherung seiner Legitimation ebenfalls der Zustimmung zumindest des Bundestages bedürfen.

Die Beteiligung von Verbänden wird nach § 41 UGB anerkannten Verbänden an den in § 42 UGB genannten Verfahren gewährt. Demgegenüber steht jedoch im fünften Abschnitt (Rechtsschutz) nur eine sehr eingeschränkte Klagebefugnis für die Verbände in § 45 UGB, die praktisch auf Belange der Natur- und Landschaftspflege beschränkt bleibt. Ein Bedürfnis, durch umfassendere Einräumung von Beteiligungsrechten die Bereitschaft zum Engagement für den Umweltschutz zu fördern, ist nicht zu erkennen. Mit Grundsätzen für die Umweltpflichtigkeit der öffentlichen Verwaltung schließt das erste Kapitel der allgemeinen Vorschriften.

Das zweite Kapitel ist der Planung gewidmet und wurde im Laufe der Diskussion zum UGB zunehmend abgespeckt. Der sogenannte Professorenentwurf enthielt noch den Ansatz einer Konzeption zu einer Umweltleitplanung (§§ 19 bis 30 UGB-AT). Diese Rechtsfigur wurde im UGB-KomE aufgegeben (Einführung Seite 11). Im zweiten Kapitel ab § 67 wird eine sogenannte Umweltgrundlagenplanung nunmehr in § 70 UGB den Trägern der Bauleitplanung sowie der Raumordnung und Landesplanung aufgegeben. Vergleicht man die stark schematisierten und zu schlichter Einfachheit ausdifferenzierten Planungsvorgaben der BauNVO etwa mit den Anforderungen an die Fachplanungen des Wasserrechts (Allgemeine Verwaltungsvorschrift Richtlinien für die Aufstellung von wasserwirtschaftlichen Rahmenplänen vom 30. Mai 1984 GMBl Seite 239, die daran angefügte Technische Anleitung zur wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung und die Allgemeine Verwaltungsvorschrift über den Mindestinhalt von Bewirtschaftungsplänen vom 19. September 1978 GMBl Seite 466 - vgl auch § 70 Abs. 3 UGB) zeigt sich, daß die Träger der Bauleitplanung mit der Umweltgrundlagenplanung fachlich und personell überfordert sein müssen und eine effektive Planung aus diesem Grund nicht erarbeitet werden kann. Es bleiben daher auch im UGB-KomE die bisherige Fachplanungen in den einzelnen Fachbereichen des Besonderen Teils erhalten. Eine sorgfältige Bestandsaufnahme der Umweltdaten und der Ressourcennutzenden Vorhabenträger ist jedoch eine Grundvoraussetzung zur Entwicklung einer ökologischen Steuerreform, zu der die Kommission im UGB bewußt keine Vorschläge unterbreiten wollte (Einführung Seite 9).

Die Umweltverträglichkeitsprüfung wird als Mittel der Informationsbeschaffung und -auswertung sinnvollerweise dem Kapitel der Planung zugeordnet. Die UVP wurde von den Verfassern des UGB-KomE in zwei Varianten, für Pläne und Programme in §§ 74ff UGB sowie für Vorhaben in §§ 111f UGB ausgearbeitet. Darin werden der Anwendungsbereich, der Untersuchungsrahmen und der Umfang der zu erstellenden Umweltbeschreibung in den §§ 75, 76, 77 und 111 UGB bestimmt sowie mit Verordnungsermächtigungen in § 112 Abs. 1 und Abs. 4 UGB Gestaltungspielräume eröffnet, den Anwendungsbereich und die Durchführung der UVP sachgerecht und differenziert zu gestalten, so daß insgesamt eine sachgerechte Handhabung der UVP mit diesen Regelungen zu erreichen scheint.

Das dritte Kapitel ab § 80 UGB behandelt unter der Überschrift Vorhaben jene wirtschaftlichen Interessen, welche die Umweltressourcen nutzen und verbrauchen. Hier wird in § 80 UGB die medienübergreifende Vorhabengenehmigung eingeführt. Medienübergreifend soll vermutlich in der Weise Konzentrationswirkung entfaltend bedeuten, daß keine weiteren Verfahren mehr notwendig sind und zB die bisher regelmäßig eigenständig ergehende wasserrechtliche Erlaubnis über die Genehmigungsvoraussetzung des § 362 UGB in die medienübergreifende Vorhabengenehmigung integriert wird. Dieser für den Vorhabenträger erhebliche Komfortgewinn bedeutet jedoch gleichzeitig ein Mehr an Übersichtlichkeit und könnte der Abstimmung der einzelnen Umweltaspekte förderlich sein, sofern die Genehmigungsbehörden entsprechende Abstimmungsstrukturen entwickeln. Im Katalog der Grundpflichten des § 83 UGB fehlt aber eine Verpflichtung, das Vorhaben beim Betrieb ständig den veränderten Umweltbedingungen, neuen Erkenntnissen und technischen Entwicklungen anzupassen. Durch Unkenntnis neuer Entwicklungen fahrlässig bewirkten Gefährdungen für Umwelt und Menschen sowie der fahrlässigen Nichtverhütung von Störfällen, wird ohne eine derartige Verpflichtung nicht wirksam vorgebeugt. Dagegen dürfte auch die erfreuliche Drittschutzregelung dieser Vermeidungspflicht in § 83 Abs. 1 Satz 2 UGB wenig ausrichten. Das sogenannte Informelle Verwaltungshandeln wird durch die Einführung einer Antragskonferenz nach § 85 UGB, in welcher der Untersuchungsrahmen abgesteckt wird, sinnvoll eingegrenzt, so daß zumindest ein stückweit vermieden wird, daß Vorhabenträger die Kriterien der Genehmigungsbehörde abchecken und ihr Vorhaben dann um diese Kriterien herum mit minimalem Umwelt- und Nachbarschutz versehen. Dem derzeitigen politischen Druck nach Entscheidungsfristen wurde in § 90 UGB Rechnung getragen durch eine sechsmonatige Bearbeitungsfrist, welche die Behörde nur in Ausnahmefällen verlängern darf - ggf nur mit Genehmigung der Aufsichtsbehörde. Im Grunde ist eine solche Regelung überflüssig, da der politische Druck auf die Genehmigungsbehörde, keine wirtschaftliche Betätigung zu unterbinden, ohnehin groß bleiben wird. Scheinbar beiläufig wird in § 90 Abs. 2 UGB die amerikanische Figur des Mediators eingeführt. Mag ein Mediator im Familienrecht noch sinnvolle Ergebnisse hervorbringen, kennzeichnet den Mediator im Wirtschaftsrecht eher das Risiko, daß er für die ihn finanzierende Partei den Widerstand gegen ihr Vorhaben einzuwickeln geneigt ist. Was hier also unter der Überschrift Interessenausgleich daherkommt, ist wenig geeignet, die Interessen der vom Vorhaben Betroffenen tatsächlich zu berücksichtigen, deren gefährdete Rechtspositionen im Genehmigungsverfahren ohnehin oft genug noch nicht abschätzbar sind. Insofern ist auch fraglich, ob die im Genehmigungsverfahren des UGB auffallend detailliert geregelte Beteiligung Dritter angesichts der Präklusion des § 87 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 UGB tatsächlich einen Gewinn für den Schutz Dritter darstellt, da die Betroffenen regelmäßig ein größeres Interesse an der Gewährung von Umweltstandards über Grundpflichten und Haftungsregelungen haben, als daß sie ihre Positionen in einem komplizierten Genehmigungsverfahren verteidigen wollen. Das UGB bietet gegenüber den derzeitgen Regelungen des BImSchG daher kaum wesentliche Neuerungen, sieht man einmal davon ab, daß Genehmigungen nun spätestens alle 10 Jahre zu überprüfen wären (§ 98 UGB). Was derzeit in § 14 BImSchG mit amtlicher Überschrift noch als Ausschluß von privatrechtlichen Abwehransprüchen bezeichnet wird, soll nunmehr in § 99 Abs. 2 UGB unter Rechtswirkungen der Vorhabengenehmigung sinngemäß weitergeführt werden. Nachbarrechtliche Abwehransprüche sollen danach nicht zur Einstellung des Vorhabenbetriebs führen und nur Vorkehrungen nach dem Stand der Technik bewirken, um diese Benachteiligungen auszuschließen. Diese sind nur im Falle der Unzumutbarkeit durch Schadenersatz auszugleichen. Das gesetzgeberische Leitbild des querulierenden Nachbarn wurde bei der Interessenabwägung zwischen dem wirtschaftlichem Interesse am Betrieb eines Vorhabens und Nachbarschutz nicht aufgegeben, da das Prozeßrisiko und die Nachweispflicht der Schädigung und insbesondere deren Ursächlichkeit im Betrieb des Vorhabens nach UGB auch weiterhin in nahezu vollem Umfang dem Geschädigten obliegt. Die gebundene Vorhabengenehmigung der §§ 83ff UGB wird ergänzt durch eine planerische Vorhabengenehmigung nach §§ 101ff UGB, welche eine umfangreichere Datensammlung zur Aufarbeitung erfordert, sowie durch eine einfache Vorhabengenehmigung mit einem gestrafftem Verfahren nach §§ 109f UGB. Von der Ausgestaltung der Rechtsverordnung nach § 92 UGB (bzw nach § 109 Abs. 1 für die einfache Vorhabengenehmigung) wird abhängen, welchen Interessen im Genehmigungsverfahren der Vorrang eingeräumt wird.

Eine charmante Regelung stellt das Umweltproduktrecht im vierten Kapitel ab § 115 dar, dem jedoch noch etwas die Durchsetzungsperspektive mangelt, sofern nicht § 120 UGB eine Verbotsermächtigung für das Inverkehrbringen umweltgefährdender Produkte darstellt. Hervorzuheben sind insbesondere die von Herstellern, Vertreibern und Verwendern von Produkten nach § 118 UGB zu beachtenden Grundsätze, sowie nach § 119 UGB das Erfordernis einer Umweltbelastungsanalyse für die Herstellung und das Einführen neuer Produkte, die in einer nach Abs. 2 erlassenen Rechtsverordnung bestimmt werden können. Während zum einen dem Umweltproduktrecht das Risiko innewohnt, daß mit ihm Protektionismus unter dem Deckmantel des Umweltschutzes betrieben wird, dürfte insbesondere die Verordnungsermächtigung des § 121 UGB bezüglich der Kennzeichnungspflichten politisch interessante Gestaltungspielräume eröffnen. Gleiches gilt für die Verordnungsermächtigung des § 122 UGB für die Rücknahme und Entsorgung, auf welche die heutige Verpackungsverordnung zu stützen wäre. Ebenso bedeutsam könnte eine Verordnung nach § 123 UGB werden, mit der Aufzeichnungspflichten und solche der Eigenüberwachung bestimmt werden können, wie auch jene Verordnung zur Führung des Umweltsiegels nach § 124 Abs. 3 UGB.

Eingreifende Maßnahmen und Überwachung regelt das fünfte Kapitel ab § 126 UGB. Dies ist der Bereich, der seit Jahren von dem Begriff Vollzugsdefizit gekennzeichnet wird. Sinnvollerweise bleibt die Festsetzung von nachträglichen Anordnungen an genehmigungsbedürftige Tätigkeiten eine Ermessensentscheidung der Behörde, die vor allem im Falle des § 126 Abs. 2 Satz 3 UGB bedeutsam wird für den Fall, daß eine nachträgliche Anordnung unverhältnismäßig sein sollte, da hiernach die Genehmigung ganz oder teilweise zu widerrufen wäre. Für eingreifende Maßnahmen eröffnet § 126 Abs. 4 UGB ein Vorschlagsrecht für alle von dem Vorhaben berührten Behörden, woraufhin der Genehmigungsbehörde eine Begründungspflicht obliegt, wenn sie diese Vorschläge nicht umsetzt. Dieses Vorschlagsrecht auf Umwelt- und Naturschutzverbände auszuweiten, wäre zur Abhilfe des Vollzugsdefizits sicherlich förderlich. Die Ermächtigung zur Durchführung von Eilmaßnahmen bei Gefahren für die Umwelt oder den Menschen in § 129 UGB ist wenngleich etwas zu pauschal formuliert im Wesentlichen sachgerecht, da ohnehin durch Schadenersatz- und verfassungsrechtlich gesicherte Abwehransprüche des Vorhabenträgers hinreichend vor Mißbrauch geschützt. Die Eingriffsregelungen werden in § 130 UGB ergänzt durch die Möglichkeit, auch für nicht genehmigungsbedürftige Tätigkeiten Anordnungen zu erlassen. Dem entsprechen Regelungen in § 26 GenTG, § 23 ChemG und § 25 BImSchG. Die Wiedergutmachung der Beeinträchtigung von Natur und Landschaft in § 131 UGB stellt als Ausgleichsregelung für umweltrechtliche Verstöße und Störfälle eher eine Regelung der Umwelthaftung dar, wird hier aber als Eingriffsregelung in das behördliche Ermessen gestellt, was vermutlich erst durch die Kommentierung verständlich wird. Die Überwachung wird zweigliedrig gestaltet als behördliche Überwachung ab § 134 und als Eigenüberwachung ab § 143 UGB. Hierbei regelt die behördliche Überwachung die grundsätzliche Zulässigkeit von Überwachungsmaßnahmen und enthält die dazu erforderliche Engriffsermächtigungen, während als Eigenüberwachung jene Meß-, Kontroll- und Mitteilungspflichten geregelt werden, die einem Vorhabenträger aufgegeben werden können. Von Bedeutung wird hier insbesondere die Anerkennung sachverständiger Stellen in § 146 sein, mit welcher die Anforderungen an die Fachkompetenz der Prüfer und letztlich auch die Unabhängigkeit von Prüfinstituten geregelt wird.

Zu den erfreulichen Ausgestaltungen des UGB gehören die Regelungen über den betrieblichen Umweltschutz im ersten Abschnitt des sechsten Kapitels ab § 151 UGB. Diese Regelungen werden getragen von der Absicht, in den Unternehmen Selbstläufer zu erzeugen und dort durch entsprechende personelle Ausstattung für eine stetige Verbesserung des innerbetrieblichen Umweltbewußtseins und des Umweltschutzes zu sorgen. Insbesondere für die Institution des Umweltbeauftragten, dessen Anzahl jedoch in § 157 UGB an die Anzahl der Beschäftigten gekoppelt werden sollte, enthält das UGB sinnvolle Regelungen, die sich in der detaillierten Aufgabenbeschreibung in § 155 UGB zeigt, in den Pflichten gegenüber dem Umweltbeauftragten in § 159 UGB, wo die betriebliche Unterstützung gesichert werden soll, in seinem Vortragsrecht verbunden mit der Verpflichtung, seine Vorschläge begründet abzulehnen (§ 161 UGB), sowie in der ausgewiesenen Weisungsfreiheit des Umweltbeauftragten (§ 162 UGB) in Verbindung mit Benachteiligungsverboten und Kündigungschutz (§ 163 UGB). Die Regelungen zum Umweltaudit übernehmen im Wesentlichen die Vorgaben des Europarechts, wie bereits eingangs § 164 Abs. 1 UGB klarstellt. Die Regelungen des UGB weisen den Industrie- und Handelskammern bzw den Handwerkskammern die Aufgabe zu, ein Standortregister zu führen, in dem am Umweltaudit teilnehmenden Betriebsstandorte registriert werden (§ 165 bis 167 UGB). Die nähere Ausgestaltung der Durchführung wird in § 169 UGB der Regelung in einer noch zu erlassenden Verordnung überlassen, so daß die brisante Aufgabe der Umweltgutachter und insbesondere deren Kontrolle noch den Entwicklungen des Umwelt-Audits angepaßt werden kann und muß.

Die ab § 172 UGB geregelte Umwelthaftung übernimmt strukturell die Regelungen des geltenden Umwelthaftungsgesetzes vom 10. Dezember 1990. Daß der Haftungsausschluß des Vorhabenbetreibers in § 172 Abs. 1 Satz 2 UGB im Falle der Beachtung der erforderlichen Sorgfalt ersetzt werde könnte durch eine Versicherungspflicht mit der Perspektive hier der Risikoverursachung ein marktwirtschaftliches Äquivalent gegenüberzustellen, sei hier angedeutet. Die Verfasser des UGB regelten jedoch diese Gefährdungshaftung selbständig ab § 173 UGB. In Absatz 1 Satz 3 hätte der Haftungsausschluß für höhere Gewalt durchaus auch an die Vorhersehbarkeit und Vermeidbarkeit dieses Risikos gekoppelt werden können. Gleiches gilt für die Haftungsausschlüsse für gentechnisch veränderte Organismen in § 174 Abs. 3 und für die Änderung der Beschaffenheit des Wassers in § 175 Abs. 2 Satz 2 UGB. Wenigstens ansatzweise ist in § 177 UGB die gesamtschuldnerische Haftung für mehrere Verursacher vorgesehen, wohingegen die Ursachenvermutung zugunsten des Geschädigten und seine Auskunftsrechte gegen den Betreiber durch § 179 Abs. 2 und gegen den Bund oder ein Land in § 180 Satz 2 UGB durch Geheimhaltungsvorschriften regelmäßig vereitelt werden dürfte. Hier wäre der Fall der Geheimhaltung als Verzicht auf eine Exkulpation mit der Folge der Schadenersatzzahlung auszugestalten, weil ein Mißbrauch der Umwelthaftung durch den Geschädigten ohnehin durch Mitverschuldensregelungen in § 178 UGB weitgehend ausgeschlossen wird. Geheimhaltungsvorschriften werden dadurch in Prozessen von Geschädigten weiterhin eine bevorzugte Schutzbehauptung von Anlagenbetreibern und Vorhabenträgern bleiben. Darüber hinaus können die Haftungshöchstgrenzen des § 184 UGB im risikoträchtigen Einzelfall erheblich zu niedrig angesetzt sein und bedürfen einer Möglichkeit, den Vorhabenträger zu einer höheren Deckungsvorsorge zu verpflichten.

Das sechste Kapitel schließt mit Regelungen zu Umweltabgaben (§§ 190ff UGB), Umweltsubventionen (§§ 196ff UGB) und solchen zu Kompensation, Benutzungsvorteilen und Mitbenutzung (§§ 202ff UGB). Während die Umweltabgaben an die Regelungen des Abwasserabgabengesetzes anknüpfen und den Regelungsbereich auch auf andere umwelterhebliche Handlungen erweitern, bleibt die Kompetenz zur Abgabenerhebung auf den Bund und die Länder beschränkt, so daß etwa die Steuer auf Einweggeschirr, wie sie seinerzeit die Stadt Kassel einführte, hiermit ausgeschlossen wäre. Dennoch eröffnet diese recht offen gestaltete Ermächtigung zur Abgabenerhebung insbesondere den Ländern erhebliche Gestaltungsspielräume, umwelterhebliches Verhalten zu steuern und darüber weitere Aktivitäten im Bereich des Umweltschutzes im Rahmen der Verwendungsvorgaben des § 194 UGB zu fördern. Die Regelungen zu Umweltsubventionen sind sehr grob und unkonkret gefaßt und gewähren damit lediglich eine justiziable Hausnummer zur Vereinheitlichung von Subventionsgrundsätzen. Insbesondere die Berichtspflicht an den Bundestag sowohl für Umweltabgaben in § 195 UGB und in § 200 UGB für Umweltsubventionen stellen sinnvolle Regelungen zur Kontrolle dar - was vor allem die Praxis der Subventionen betrifft. Auf die Kompensationsregelungen des § 202 UGB hätte durchaus auch verzichtet werden können, da entsprechende Regelungen in § 17 Abs. 3a BImSchG keine praktische Bedeutung entfaltet haben. Die Kompensationsregelung, Anforderungen zu Emissionsminderungen an einer anderen Anlage oder an Anlagen Dritter vorzunehmen, scheint daher eher einem Bedürfnis zu entspringen, die umweltpolitische Diskussion auf Nebenschauplätze zu verdrängen, da die Industrie an einer Nutzung des § 17 Abs. 3a BImSchG bisher jedenfalls kein Interesse gezeigt hat. Darüber hinaus wäre es kaum wünschenswert, wenn im Falle ernsthaften politischen Drucks zur Emissionsreduzierung den Anlagenbetreibern die Möglichkeit eingeräumt würde, diesen Druck an Abschreibungsmodellen zu erfüllen. Höchst brisant hingegen ist die Regelung des § 203 UGB, die unter der harmlosen Überschrift Kompensation in Belastungsgebieten eine Verordnungsermächtigung enthält, mit der ein Nachlassen von Umweltstandards ermöglicht wird, wenn diese mit dem Stand der Technik (der im Gegensatz zum Stand von Wissenschaft und Technik kaum mehr Aufwand erfordert als sicherzustellen, was allgemein üblich ist) nicht zu erfüllen sind. Wenigstens hätte dieser Ermächtigung zum Nachlaß von Umweltstandards an eine Pflicht zur Beteiligung an Systemen des innerbetrieblichen Umweltschutzes gekoppelt werden müssen.

Den Umweltinformationen ist das siebente Kapitel ab § 207 UGB gewidmet, zu denen eine Pflicht, diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen, mit der Umweltinformationsrichtlinie Eingang in das deutsche Recht gefunden hatte. Die Aufgaben der staatlichen Umweltinformation des ersten Abschnitts - Umweltforschung, Umweltbeobachtung, Umweltinformationssysteme, Aufbereitung und Bereitstellung der Daten, sowie das Führen einer Umweltstatistik, der Erstellung einer umweltökonomischen Gesamtrechnung und der Öffentlichkeitsarbeit (§§ 207 bis 216 UGB) - wird entscheidend vielmehr von der personellen und finanziellen Ausstattung sowie der fachlichen Zusammensetzung der beteiligten Mitarbeiter abhängen als von diesen gesetzlichen Regelungen, so daß deren Erfolgsperspektive eher eine Frage des Haushaltsrechts des Bundes und der Länder bleiben dürfte. Was danach als aufbereitete Information behördlich bereitgehalten werden kann, soll nach den Regelungen über den Zugang zu Umweltinformationen in den §§ 217 bis 223 UGB der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Auffallend ist daran, daß die Vorgaben der Umweltinformationsrichtlinie, Informationen ohne Nachweis eines Interesses zu gewähren in § 217 UGB auf die schlichte und weniger offensichtlich anspruchbegründende Formel gebracht wurde, jeder habe freien Zugang zu Informationen. Da dieser Anspruch mit dem derzeit geltenden Umweltinformationsgesetz gegenüber den Zielsetzungen der Richtlinie erheblich eingeschränkt wurde durch eine Kostenregelung, welche dem Informationsinteressenten wenig Klarheit über die für den Verwaltungsaufwand zu leistende Entschädigungen aufbürdete, wird hier die Ausgestaltung einer entsprechenden Rechtsverordnung nach § 223 UGB wieder entscheiden, inwieweit diese Regelungen zum Umweltinformationsanspruch Wirkung entfalten. Für einen Unternehmer, der sich etwa Informationen über Altlasten auf einem Grundstück verschaffen will, wird sich dieser Informationsanspruch wohl rechnen, während der von Umweltbelastungen geschädigte Einzelne hier einer großen Hemmschwelle zur Geltendmachung von Rechtspositionen ausgesetzt bleibt. Ein Ausschluß der Kostentragungspflicht für Natur- und Umweltschutzverbände wäre hier möglicherweise für deren Engagement förderlich gewesen. Ein weiterer Hinderungsgrund für Umweltinformationen werden Geheimhaltungspflichten aus den §§ 224 bis 226 UGB bleiben. Die Kennzeichnungspflicht des Vorhabenträgers für Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse in seinen Antragsunterlagen ist dabei durchaus sachgerecht, wobei pauschale Kennzeichnungen ausgeschlossen und Begründungspflichten erwogen werden sollten. In § 225 Abs. 4 UGB hätte zum Beispiel auch durchaus gereicht dem Betroffenen vor einer Entscheidung über die Offenbarung von gekennzeichneten Informationen ein Anhörungsrecht einzuräumen anstatt eine Pflicht der Behörde zur Durchführung einer Anhörung zu bestimmen.

Nicht sachgerecht sind jedoch die Regelungen zum grenzüberschreitenden Umweltschutz im achten Kapitel ab § 228 UGB. Zwar werden in den §§ 230 und 231 UGB erfreulicherweise die grenzüberschreitende Behörden- und Bürgerbeteiligung eröffnet. Jedoch zeigen schon die Regelungen zur Ausbeutung von Meeresbodenschätzen wenig Gespür für die Belange des Meeresschutzes indem § 234 UGB die Genehmigung durch das Oberbergamt in Clausthal-Zellerfeld vorsieht, da das Oberbergamt vorwiegend über Kompetenz im Bergbau verfügt. Die Beteiligung einer Behörde mit weiterreichender Umweltkompetenz wäre hier dringend vorzusehen. Im vierten Abschnitt zur Ein und Ausfuhr von Produkten ab § 236 UGB ist leider nicht das Bewußtsein zu erkennen, daß ausländische Staaten mit geringen Umweltstandards oder wenig ausgeprägten demokratischen Strukturen vor wirtschaftlichem Druck, Abfall- und Sondermüllexport geschützt werden sollten, deren Umleiten insbesondere auf Entwicklungsländer auch geeignet ist, die Innovationstätigkeit zur Weiterentwicklung derartige Produkte betreffende Technologien im Inland unwirtschaftlich werden zu lassen. Insbesondere eröffnet die Notifizierung bei der Freisetzung von gentechnisch veränderten Organismen in § 238 UGB die Gefahr, daß Entwicklungsländer als Testlabore für Gentechnikversuche mißbraucht werden. Die zur Ausfuhr nach § 238 Abs. 1 Satz 4 UGB notwendige Eingangsbestätigung des Empfängerstaates für die Anzeige der geplanten Freisetzung ist in einigen Staaten gegen ein geringes Bestechungsgeld problemlos zu erhalten. Lediglich über die Verordnungsermächtigung in § 241 UGB kann über Ausfuhrverbote ein sachgerechter Umweltschutz betrieben werden.

Keineswegs überzeugen können aber jene Regelungen, die fürgewöhnlich Straf- und Bußgeldbestimmungen heißen. Diese sind jeweils am Ende eines Kapitels im UGB-KomE verstreut worden und dokumentieren somit noch einmal, daß die fragmentarische Struktur des Umweltrechts auch in diesem Entwurf beibehalten worden ist. Sodann wurde auf Strafbestimmungen vollkommen verzichtet, und statt dessen wurden allein Ordnungswidrigkeiten ausgearbeitet. Es ist danach schwer verständlich, warum etwa das Fahren ohne Fahrerlaubnis im Straßenverkehr in § 21 StVG mit Freiheitsstrafe oder mit Geldstrafe bestraft wird, während die Errichtung, der Betrieb oder die wesentliche Änderung eines genehmigungspflichtigen Vorhabens ohne diese Genehmigung lediglich als Ordnungswidrigkeit geahndet werden soll. Daß die Mitteilungspflicht für Störfälle aus § 147 Abs. 1 UGB nicht einmal durch den Ordnungswidrigkeitenkatalog des § 150 UGB abgedeckt wird, darf hoffentlich nur als ein Redaktionsversehen gelten. Zwar war es durchaus Absicht der Verfasser des UGB-KomE, die Erarbeitung von Strafvorschriften den Strafrechtlern zu überlassen, jedoch ist der Entwurf des UGB ohne gleichzeitige Inkraftsetzung von geeigneten Strafvorschriften keineswegs handhabbar. Insgesamt sind auch die Ordnungswidrigkeiten nicht einzelfallgerecht in ihrer Höhe zu bemessen. Regelmäßig sind sie gestuft in Geldbußen bis zu 100.000 DM oder geringer und solche bis zu 1.000.000 DM. Derartige Geldbußen dürften bei größeren Vorhaben und auch bei Exporten umweltgefährdender Produkte Gesetzesverstöße im Einzelfall wirtschaftlich lukrativ machen und zahlreiche auch durchaus sinnvolle Regelungen des UGB-KomE ad absurdum führen.

Die hier dargelegte Würdigung des Allgemeinen Teils muß notwendigerweise sehr grob akzentuiert bleiben, da die 1800 Seiten starke Kommentierung des UGB-KomE erst im Dezember erscheinen soll und weiterhin der Umfang der angestrebten Regelungen einer sehr arbeitsaufwendigen Würdigung bedürfte, um den Details gerecht zu werden. Zu kritisieren bleiben daher strukturelle Mängel, die sich in der Erkennbarkeit der Ansprüche einzelner und den Möglichkeiten zu ihrer Geltendmachung zeigen, sowie insbesondere in der Exekutivlastigkeit des Entwurfes, der den von ihm eingerichteten selbständigen Behörden und beratenden Organen mehr Eigenständigkeit und parlamentarische Kontrolle einräumen sollte. Während insbesondere die Regelungen zum betrieblichen Umweltschutz von dem erfreulichen Bestreben geprägt sind, in den Unternehmen Selbstläufer zu initiieren, den Umweltschutz voranzutreiben, bedürfen die Regelungen zu den Ordnungswidrigkeiten einer grundlegenden Überarbeitung, um zu überzeugen. Wünschenswert wäre gewesen mit einem detaillierteren Katalog der zu sammelnden und veröffentlichenden Daten sowie der Gewährleistung einer sachgerechten Aufarbeitung eine nachhaltigen Planung zu ermöglichen und eine Perspektive für eine ökologische Steuerreform zu eröffnen. Eine Würdigung der naturschutzrechtlichen Regelungen kann daher nur insofern vorgenommen werden, als ein oberflächlicher Vergleich mit den bestehenden Regelungen möglich ist, weil eine Perspektive der umweltrechtlichen Praxis nach dem Entwurf des UGB-KomE nicht prognostiziert werden kann und die Zweifel an der Reformtauglichkeit des Entwurfes insgesamt überwiegen. Im Falle der Kodifizierung des UGB-KomE bleibt daher zu hoffen, daß die praktische Arbeit im Bereich des Naturschutzes bereits so gefestigt ist, daß der Wechsel zum UGB keine Gelegenheit bietet, den erreichten Standard zurückzusetzen. Ohnehin hängt die praktische Umsetzung von Umweltzielen weniger von den gesetzlichen Regelungen des UGB ab als vom politischen Gestaltungswillen und dem allgemeinen Bewußtsein für die Bedeutung der angestrebten Umweltstandards.



(Der Autor studierte Rechtswissenschaften an der Universität Bremen mit umweltrechtlichem Schwerpunkt unter anderem bei Gerd Winter, der an der Erstellung des ursprünglichen Professorenentwurfs zum UGB als den Umweltverbänden nahestehender Vertreter mitgewirkt hatte. Während einer Referendarstation im Referat Naturschutz des damaligen Ministeriums für Raumordnung, Landwirtschaft und Umwelt des Landes Sachsen-Anhalt entstand im November 1997 die vorstehende Stellungnahme zum sogenannten Kommissionsentwurf, bei dem unter dem Vorsitz von Horst Sendler für die damalige Bundesumweltministerin Angela Merkel die ohnehin schon wenigen fortschrittlichen Elemente des Professorenentwurfs nochmals reduziert wurden, um die bestehenden niedrigen Standards des bundesdeutschen Umweltrechts neu zu zementieren. Als im Februar 2006 Bund und Länder im Rahmen einer sogenannten Föderalismusreform ihre Zuständigkeiten neu abgesteckt haben, sicherte sich der Bund die Gesetzgebungskompetenz zum Umweltgesetzbuch und wird darüber höchstwahrscheinlich die ohnehin niedrigen Umweltstandards in Deutschland erneut absenken, denn Diskussionsgrundlage zum Gesetzgebungsverfahren wird jedenfalls der Kommissionsentwurf aus dem Jahr 1997 sein.)





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