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© Dirk Burchard am 14. Juli 2000 www.ryker.de/dirk/archiv/stephanie.html

Stephanie Ryker

zu ihrem virtuellen 33. Geburtstag am 14. Juli 2000

Schwule Männer lieben Ikonen. Denn auch ihre Mütter empfingen sie nicht jungfräulich, sondern haben ihr Kind in aller Regel auch nur zur Erlangung materieller Sicherheit oder - falls es darauf nicht ankam - bei der Gelegenheit selbstsüchtigen Luststrebens angesetzt. Das nagt oft am schwulen Streben nach Reinheit.

Eine solche schwule Ikone ist zB Maria Callas, deren hartnäckiges Arbeiten an sich und ihrer Kunst vielen Schwulen Halt gibt. Als eine solche Ikone hat sich auch Madonna zum Weltstar hochspülen lassen und haderte zwischenzeitlich, ob sie noch weiter Ikone für Schwule sein oder schlimmstenfalls so enden wollte, wie Maria Callas als diese das Ikonendasein gegen eine Beziehung mit Onassis zu tauschen versuchte.

Mit seinen Ikonen kann man also böse auf die Nase fallen, zumal Ikonen-taugliche Frauen auch nicht so oft nachwachsen. Einen Ausweg offenbart ein Blick nach Hannover, wo vom 20. Juni 1887 bis in das Jahr 1948 Kurt Schwitters gelebt und gewirkt hat. Gern wird Kurt Schwitters zu DaDa gezählt, da sein Werk oberflächlich betrachtet artverwandt scheint. Aber die eigentlichen DaDa-isten in Berlin hatten ihn gar nicht in ihre Reihen aufgenommen, und das könnte an seiner Ikone gelegen haben. Kurt Schwitter hat Liebesgedichte an eine imaginäre Anna Blume geschrieben, derweil sich die preußischen DaDa-isten puritansch-heterosexell auf fleischliche Lust fixiert gegeben hatten. Sie mußten um derartige Günste immer wieder buhlen, und Kurt Schwitters hatte seine Anna Blume als Vision immer für sich.

Eine ebensolche Vision ist Stephanie Ryker, geboren am 14. Juli 1967, einem Tag, an dem in Paris wieder einmal die französische Revolution gefeiert wurde.

Erstmals begegnet ist mir Stephanie Ryker am Abend 20. September 1996 in Bremen. Ich suchte einen Namen, um mich in der Mailbox FORUM_connect anzumelden, wo ich unter meinem richtigen Namen nicht nochmal auftauchen mochte. Meine Meinungen hatten in den überregional ausgetauschten Foren des MacNet einiges Aufsehen und zermürbendes Gekeife hervorgerufen, und daraufhin hatte ich meinen Zugang gekündigt. Später war mir eingefallen, daß ich dort aber immer gute Software vorgefunden hatte und wieder zurückmußte. Da mein Administrator Harald selbst einmal getestet hatte, wie die MacNetten auf das Thema "GATES der ARSCH" von einer Sandra Phillips reagierten, sollte es diesmal ein Frauenname sein - eigentlich nur um Harald etwas vorzuführen. Und so loggte ich mich als Stephanie Ryker in die FORUM_connect, gab als Adresse jene des Wall-Cafés in Bremen an, die gerade auf einem Plakat zu lesen war und als Telefonnummer die Telefaxnummer der CDU-Bürgerschaftsfraktion. Und den Namen Stephanie Ryker setzte ich zusammen aus dem Vornamen eines Mannes, den ich damals kennenlernen wollte sowie aus dem Nachnamen eines Stars schwuler Pornofilme, von dem ich im Internet einige Photographien entdeckt hatte.

Mit einem Frauennamen hatte ich es sehr einfach in so einer Mailbox und bekam meinen Zugang bald kostenlos angeboten. Ich wartete immer darauf, daß Harald Stephanie zumindest nach einer langen Diskussion im ArtForum enttarnen würde, aber das tat auch sonst niemand. In den überregionalen Foren stießen meine Standpunkte zunächst auf mehr Anerkennung, da sie vermeintlich von einer Frau kamen. Besonders auffallend war sogar die Wandlung eines AppleHändlers aus Speyer, der früher auf meine Beiträge sehr aggressiv reagiert hatte und nun immer private Mails schrieb, wenn er meinte, Stephanie bei einem technischen Problem helfen zu können. Aber in einem solchen Kommunikationssystem gibt es auch standhafte Reaktionäre, die unabhängig vom Geschlecht das Klima vergiften, die nach Zensur brüllen und letztlich jeden vergraulen, der sich in einer solchen Mailbox offen austauschen möchte. Irgendwann war auch klar, daß Stephanie niemals leibhaftig zu irgendwelchen Usertreffen erscheinen würde. Das Aufbäumen des Mobs gegen Stephanie Ryker und den Zentralserver in Oldenburg gleichzeitig, mündete dann auch in die endgültige Zerschlagung dieses Mailboxenverbunds. Und es war ein besonderer Spaß zu beobachten, daß es den Brandstiftern nicht gelungen ist, die Schuld hieran Stephanie Ryker in die Schuhe zu schieben.

Stephanie Ryker ist nun eine entwickelte Persönlichkeit. Sie entwickelt und vertritt Standtpunkte, sie erregt Aufsehen, und sie wird mancherorts ein Publikumsliebling. Sie ist für ihre Fans und ihre Gegner bereits eine Institution, die nicht mehr einfach tot sein kann. Und deshalb bekommt Stephanie Ryker eine Hauptrolle in einem noch zu schreibenden Buch, dessen Geschichte mir aber schon länger bekannt ist - meine liebste Fluchtphantasie. Dieses Buch werde ich schreiben und vielleicht sogar als Film umsetzen im zweiten Jahrzehnt dieses Jahrtausends oder später. Derweil ist es großartig, schonmal bei Stephanie Ryker meine Heimseite unterbringen zu können und mir meiner Vision mit ihr bewußt zu sein. Ich lebe mit der Idee Stephanie Ryker, ich liebe sie auch, und sie ist ein Projekt, das ich umsetzen werde...





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